Stipendiat:innen / 

Porträts

Dr. Annabelle Bohrdt

Theoretische Physik

Technische Universität München

Die Physikerin Annabelle Bohrdt erhält den Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis 2022. In ihrer Arbeit nutzt sie Verfahrensweisen der Vielteilchentheorie in Kombination mit maschinellem Lernen und entwickelt daraus ein mächtiges neues Werkzeug zur theoretischen Modellierung von Quantenmaterialien.

Die Forschungsfrage

Auch nach vier Jahrzehnten intensiver Forschung wissen wir noch nicht, wieso manche Materialien – sogenannte „Hochtemperatur-Supraleiter“ – Strom auch bei vergleichsweise hohen Temperaturen ohne Widerstand leiten können. Diese Hochtemperatur-Supraleiter sind Systeme aus vielen wechselwirkenden Quantenteilchen, aus deren Zusammenwirken sich makroskopische Eigenschaften wie Supraleitung ergeben. Ähnlich wie ein isolierter Vogel wenig Rückschlüsse auf das Verhalten des Vogelschwarms zulässt, ist es auch in solchen Quantensystemen wichtig, die richtigen Fragen zu stellen, um diese Phänomene zu verstehen. Bisher können Systeme von wenigen wechselwirkenden Teilchen exakt berechnet werden, was jedoch zum Verständnis von Stoff- und Materialeigenschaften nicht ausreicht. Ich bin der Frage nachgegangen, wie sich das komplexe Zusammenspiel sehr vieler Quantenteilchen berechnen lässt.

„Annabelle Bohrdt leistet einen wesentlichen Beitrag zur theoretischen Modellierung von Quantenmaterialien. Die Jury war gleichermaßen beeindruckt von der methodischen Vielfalt und der Originalität der Arbeit, die neue experimentelle Zugänge eröffnet.“

aus der Begründung der Jury

Die Methode

In meiner Dissertation kombinierte ich physikalische Theorie und numerische Simulationen, um zu beschreiben, wie sich ein einzelner Ladungsträger vor dem Hintergrund eines komplexen Quanten-Vielteilchen-Systems verhält. Hierfür analysierte ich experimentelle Daten mit Methoden der künstlichen Intelligenz und konnte zeigen, dass sich hiermit die Eigenschaften einzelner Ladungsträger gut beschreiben lassen.

Die Ergebnisse

Mithilfe der von mir entwickelten Methodik lassen sich verschiedene Theorien mit der experimentellen Evidenz vergleichen. Durch die Kombination von Methoden der quantenmechanischen Vielteilchentheorie mit denen des maschinellen Lernens trage ich zum Beispiel zum Verständnis  des Mechanismus bei, der sich hinter dem Phänomen der Hochtemperatur-Supraleitung in Kupferoxiden verbirgt. Aufbauend auf dem Verständnis einzelner Ladungsträger erforsche ich nun als PostDoc, wie zahlreiche Ladungsträger zusammenfinden können, um einen Supraleiter zu bilden.

Zur Person

Dr. Annabelle Bohrdt studierte Theoretische Physik an der Technischen Universität Kaiserslautern und war während ihrer Doktorarbeit an der Technischen Universität München von 2016 bis 2018 Research Fellow in Harvard. Sowohl während ihres Studiums als auch während ihrer Promotion erhielt sie ein Stipendium der Studienstiftung. Ihre Erkenntnisse wurden in renommierten Journalen wie „Science“ publiziert und finden Eingang in Kollaborationsprojekte internationaler Forschungsgruppen und Unternehmen wie dem Google Quantum AI Team in Santa Barbara und dem Max Planck Institute of Quantum Optics. Seit 2021 forscht die 29-jährige Physikerin am Harvard Smithsonian Center for Astrophysics an der Harvard Universität in Cambridge.

Kontakt

Dr. Annabelle Bohrdt, annabellebohrdt@gmail.com

Weitere Informationen

Stand: Mai 2022