Porträt

Max Schumacher

Zeitgenössischer Tanz

Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main

Max Schumacher liebt es, zu tanzen und zu performen. An der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Frankfurt am Main studiert er Zeitgenössischen Tanz. Parallel dazu hat er bereits diverse Engagements – zum Beispiel in Großbritannien, Israel und Portugal. Als Künstlernamen trägt er den Namen seiner Mutter – Makowski. Ein Gespräch über den zeitgenössischen Tanz, seinen Lieblingschoreographen Hofesh Shechter und die analoge Fotografie. (Bild: © Victor Frankowski)

Herr Schumacher, wie sind Sie zum Tanz gekommen?

Seit meiner Kindheit bin ich durch meine Mutter mit Theater und durch meinen Vater mit Film in Verbindung. In meiner Jugend habe ich viel Theater gespielt, nach dem Abitur an zeitgenössischen Tanzprojekten teilgenommen. Eigentlich wollte ich mich auch an einer Schauspielschule bewerben – bin dann aber irgendwie doch bei einer Tanzhochschule gelandet. Im Nachhinein kommt es mir so vor, als ob ich unbewusst eine versteckte Leidenschaft ausgebuddelt habe, die sich vorher so nicht gezeigt hat.

Was bedeutet Tanzen für Sie?

Es ist eine Leidenschaft, die mich selbst sehr überrascht hat, da sie sehr spät zum Vorschein kam. Mir ist es wichtig, das zu tun, was ich liebe. Außerdem kann ich mir einfach nicht vorstellen, nichts mit Kunst zu tun zu haben. Da war mir die Bühne doch sehr nah und vertraut. Ich liebe es zu performen und die Energie zu spüren, wenn sich Menschen versammeln, um die Kunst Anderer im Hier und Jetzt zu erleben und zu teilen. Dabei habe ich das Gefühl, zu einem sehr wichtigen Teil dieser Welt, dieses Lebens  zu werden.

Was fasziniert Sie an Ihrem Studium?

Mich fasziniert die Intensität, die man verspürt, wenn man sich und seinen Körper einer Choreographie, einem Gefühl, der Musik oder einer Aufgabe zur Improvisation hingibt und das Adrenalin, das durch das Linoleum der Tanzbühne in meinen Körper schießt, wenn es dunkel wird im Saal. Außerdem fasziniert mich immer wieder, zu was für Dingen der menschliche Körper fähig ist und was Tanz und Musik gesellschaftlich und sozial alles erreichen können

Worin besteht für Sie die gesellschaftliche Kraft von Tanz und Musik?

Tanz und Musik haben die Gabe, Menschen zu verbinden. Ich bekomme jedes Mal Gänsehaut, wenn ich bei einer sogenannten Milonga, einem Tanzabend für den Tango Argentino, zusehe und die Leidenschaft des Tanzes wortlos den Raum erfüllt. Oder auch bei afrikanischen Tänzen – bei denen es ganz natürlich ist, dass alle Anwesenden am Tanzfest teilnehmen. Auch wenn sie nicht selbst tanzen, unterstützen sie das Ganze, indem sie singen oder trommeln. Es herrscht eine unglaublich schöne und gemeinschaftliche Energie. 

2013 waren Sie für Ihr Studium am Laban Conservatoire for Music and Dance in London, sind aber auch sonst viel im Ausland unterwegs. Welche Projekte verfolgen Sie hier?

Ich reise des Öfteren nach Tel Aviv in Israel, habe dort bei der berühmten Batsheva Dance Company von Ohad Naharin vorgetanzt und auch viel mittrainiert. 2016 habe ich dort in einem der Stücke des Abends „Batsheva Dancers Create“ mitgetanzt. 2015 war ich außerdem für acht Monate Mitglied der Junior Company meines Lieblingschoreographen Hofesh Shechter in London. Dafür habe ich die Hochschule frühzeitig verlassen. Und zurzeit bin ich öfter in Portugal – dank der Studienstiftung habe ich seit 2016 mit Marco Da Silva Ferreira, einem Choreographen aus Porto, ein Projekt am Laufen. Dafür haben wir viel in Portugal und Frankreich geprobt und haben nun einige Gastspiele in eben diesen Ländern, aber auch in Belgien und eventuell bald in Macao.

Welche Erfahrungen haben Sie im Ausland gemacht?

Tänzerisch, würde ich sagen, hat mich Israel mit Ohad Naharins berühmtem Gaga-Tanzstil sehr geprägt. Gaga wurde von Ohad Naharin, dem Direktor der Batsheva Dance Company, als heilende Bewegungsmethode entwickelt, als er selbst sehr krank war und sich kaum noch bewegen konnte. Es basiert auf sehr flüssigen und organischen Bewegungen und wird immer durch bildhafte Improvisationsaufgaben angeleitet. Man kommt in einer Gaga-Stunde nie zum absoluten Stillstand und schult somit den Körper, sich selbst durch Tanz wieder zu sortieren. Gaga ist das reguläre Training der Batsheva Dance Company und ist im vergangenen Jahr bekannt geworden durch den Film „Mr. Gaga“.

Gab es besondere Erlebnisse im Ausland, die in Erinnerung geblieben sind?

Eines der stärksten Erlebnisse war es, in Paris für die Premiere eines Stückes meines bis dato gefühlt unerreichbaren Lieblingschoreographen Hofesh Shechter auf der Bühne zu stehen. Shechter ist ein sehr berühmter Choreograph aus Israel, der früher bei der Batsheva Dance Company getanzt hat und später seinen eigenen Stil entwickelt hat. Man erkennt und spürt die Wurzeln im Gaga bei seinem Training, jedoch geht es auf der Bühne bei ihm letztlich mehr ums animalistische, aggressive und gemeinschaftliche Tanzen, das immer sehr rhythmisch verbunden ist mit der von ihm selbst komponierten Musik dazu. Das Stück, mit dem wir als Shechter’s Junior Company getourt sind, hieß „deGeneration“. Es bestand eigentlich aus drei Stücken. Und zwar aus zweien seiner allerersten Kreationen: „Cult“ und „Fragments“, und einem neuen Stück, „Disappearing Act“.

Was haben Sie nach Ihrem Studium vor?

Nach meinem Abschluss werde ich weiterhin an Projekten in der freien Tanzszene teilnehmen und versuchen, auch Projekte in Berlin zu finden, in meiner Heimat, wo ich mittlerweile wieder wohne. Hier unterrichte ich hin und wieder Profitraining in verschiedenen Studios und habe eine regelmäßige Stelle als Lehrer für Zeitgenössischen Tanz und Improvisation in einem Vorausbildungsprogramm für junge Tänzerinnen und Tänzer. Außerdem werde ich im Frühjahr 2018 mit der Hofesh Shechter Company eine Oper für das Theater La Scala in Mailand wiederaufnehmen und arbeite parallel dazu mit meiner Kommilitonin und guten Freundin Orla McCarthy, die ebenfalls in der Studienstiftung ist, an einem eigenen Stück, das im Sommer 2018 Premiere haben wird.

Was raten Sie anderen jungen Leuten, die überlegen, Tanz zu studieren?

Überlege es Dir gut und hundert Mal, ob Du dazu bereit bist, Dich in der überfüllten Welt von tausenden talentierten Tänzerinnen und Tänzern durchzuschlagen und mit deiner Kunst um jeden Cent zu kämpfen. Es ist sehr wichtig, seine Fühler in alle möglichen Richtungen auszufahren und immer neue Sachen auszuprobieren, viele verschiedene Stile anzugehen und immer die Herausforderung zu suchen.

Was machen Sie sonst noch gerne in Ihrer Freizeit?

Den größten Teil meiner Freizeit verbringe ich im Ausland, wenn ich für ein Projekt dort bin, für eine Probe oder eine Aufführung, also meistens geht es auch hier um Tanz. Ich nutze die Zeit vor Ort aber gerne, um mit meinem Fotoapparat unterwegs zu sein. Denn ich versuche neben Tanz und Performance andere Leidenschaften zu pflegen – die Größte ist da die analoge Fotografie. Ich entwickle meine Negative selbst zu Hause. Ich wurde nach kleineren Ausstellungen in Berlin in eine beliebte Galerie in Lissabon eingeladen und habe dort auch gerade erst in einem Café ausgestellt.  Außerdem liebe ich es, Musik zu machen und zu singen. Ich versuche mich gerade in die elektronische Musikproduktion reinzufummeln, um die Musik für meine Stücke selbst machen zu können.

Was bedeutet es für Sie, Stipendiat der Studienstiftung zu sein?

Es bedeutet für mich, dass ich eine Gruppe Menschen hinter mir stehen habe, die ein Talent in mir erkannt haben und mich unterstützen. Dafür bin ich sehr dankbar. Außerdem fühle ich mich gepusht, viele der angebotenen Förderungen in Anspruch zu nehmen. Ich möchte das Beste aus diesem Stipendium machen – denn es ist ein unglaubliches Privileg.

Stand: September 2017

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