Johanna Rettenmeier/Sueñitos: „In der Corona-Krise brechen für die ärmsten Familien Ecuadors auch noch die letzten Einkünfte weg“

Die Stipendiatin und Heidelberger Medizinstudentin Johanna Rettenmeier (21) ist Vorstandsmitglied des Vereins Sueñitos e.V. – gemeinsam für Kinderträume und engagiert sich für Kinder in einem Armenviertel der ecuadorianischen Hauptstadt.

Frau Rettenmeier, was hat Sie zu Ihrem Engagement für das Projekt motiviert?

Durch meinen Freiwilligendienst vor Ort in Ecuador habe ich selbst erlebt, unter welchen Bedingungen die Familien im Armenviertel in Quito leben. Wieder in Deutschland habe ich mit anderen ehemaligen Freiwilligen den Verein Sueñitos e.V. gegründet um das Projekt und somit die Kinder auch weiterhin unterstützen zu können. Als Corona dann Deutschland erreicht hat und ich selbst in meinem sicheren Zuhause in Quarantäne saß, mussten wir gleichzeitig sehen, wie für die vielen Tagelöhner*innen in Ecuador jegliche Existenzgrundlage weggebrochen ist. Da war die Frage nicht ob, sondern wie wir am schnellsten und effizientesten helfen können.

Was macht der Verein Sueñitos?

Im Süden Quitos, der Hauptstadt Ecuadors, wachsen im Armenviertel Rancho los Pinos viele sozial benachteiligte Kinder unter schwierigen Verhältnissen auf. Beim Projekt  finden die Kinder Unterstützung bei ihren Schulaufgaben, bekommen eine gesunde, warme Mahlzeit und lernen, was ausgewogene Ernährung und Alltagshygiene bedeuten – und können hier auch einfach nur Kind sein. In der Corona-Krise geht es aber erst einmal darum, dass die Familien ohne zu hungerndurch diese Zeit kommen. Wir unterstützen von Deutschland aus so gut wir können mit Spendengeldern, Öffentlichkeitsarbeit und Freiwilligen, die nach Ecuador gehen.

Wie bringen Sie sich konkret ein?

In der Zeit, die ich in Quito verbracht und selbst im Projekt gearbeitet habe, durfte ich sehen, wie das Team jeden Tag das Leben so vieler Kinder positiv prägt. Mit den Schwerpunkten Bildung, Gesundheit, Ernährung, Freizeit und Umfeld wird ein vielschichtiger Ansatz verfolgt. Um das Projekt auch aus Deutschland weiter unterstützen zu können, habe ich gemeinsam mit ehemaligen Freiwilligen den Verein Sueñitos e.V. gegründet und bin seit 2017 im Vorstand aktiv.

Was haben Sie seit dem Beginn der Corona-Krise bewirken können?

Für die Bewohnerinnen des Viertels sind durch die Corona-Situation auch ihre Einkünfte weggebrochen. Die Hauptsorge war vieler war, wie sie nun ihre Familien ernähren sollen.
Seit dem ersten Hilferuf aus Ecuadorsammeln wir Spenden für Lebensmittelkörbe. Unser Team vor Ort kauft in großen Mengen Nahrungsmittel ein und rationiert sie so, dass eine Familie davon zwei Wochen lang leben kann. So können seit Anfang April 200 Familien versorgt werden. Um der Benachteiligung der Kinder bezüglich ihrer Bildungschancen etwas entgegenzusetzen, läuft gerade Einzelunterricht und Betreuung in Kleinstgruppen an. Wir sind mit Bedacht dabei dieses Angebot weiter auszubauen.

Was war Ihre bislang prägendste Erfahrung?

Nach einer intensiven Phase des Spendensammelns und der Vorbereitungen erreichte uns Anfang April ein Bericht mit Bildern über die erste Ausgabe der Lebensmittelkörbe. Darin war eine kleine Grußbotschaft: „Auch wenn das Lächeln hinter der Maske versteckt war, konnte man doch aus dem Funkeln der Augen ihre große Dankbarkeit spüren.“ Zu sehen, dass so viele Menschen als Teil dieser Aktion dazu beigetragen haben, dass die Hilfe so schnell und unkompliziert ankommt, wo sie gebraucht wird, hat mich sehr berührt.

Wie sieht das Team aus und wie läuft die Zusammenarbeit?

Unser Team ist sehr bunt! In Ecuador sind neben Marco und Alba, den Gründer*innen des Projekts, viele Bewohner*innen des Armenviertels aktiv und halten alles am Laufen. In unserem Verein sind wir Aktiven über ganz Deutschland verteilt und werden durch Fördermitglieder unterstützt. Durch unser gemeinsames Ziel, haben wir alle eine große Motivation und Freude daran, das Projekt voranzubringen. Corona hat uns ganz schön herausgefordert – aber gemeinsam haben wir gute und schnelle Lösungen gefunden!

Was sind nächste Ziele?

Es ist schwer abzusehen, wie lange Corona das Leben in Ecuador noch prägen wird. Klar ist aber, dass die Lage sich noch lange auf das Land und vor allem seine schwächsten Glieder auswirken wird. Unsere erste Priorität ist es, weiterhin sicherzustellen, dass die Familien im Viertel zu essen haben. Dabei wollen wir lokale Kooperationen und Lebensmittelspenden ausbauen. Ein weiteres Ziel ist es, baldmöglichst wieder vielen Kindern aktiven Unterricht im Projekt zu ermöglichen.

Wie können interessierte Personen Ihr Projekt konkret unterstützen?

Der direkteste Weg unsere Arbeit zu unterstützen, ist durch eine Spende: Mit 12 EUR können wir beispielsweise einen Lebensmittelkorb packen, von dem eine Familie zwei Wochen lang leben kann! Und mit 50 EUR kann ein weiteres Kind am Unterricht in Corona-Zeiten teilnehmen. Alle Spenden kommen bei uns zu 100 Prozent im Projekt an. Bei Interesse, im Projekt in Ecuador oder im deutschen Verein mitzuarbeiten, freuen wir uns über eine Mail. Außerdem ist es uns eine große Hilfe, wenn unser Anliegen Gehör findet, indem Interessierte unseren Social Media-Kanälen folgen, oder das Anliegen selbst darüber teilen. Von Herzen DANKE an alle, die sich stark machen!

Johanna Rettenmeier (21) studiert Medizin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und ist Stipendiatin der Studienstiftung.

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