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Berichte

Sommerakademie Olang 2022: "Neben vielen schönen Erinnerungen und neuen Freundschaften haben wir in diesen zwei Wochen in den Südtiroler Alpen vor allem vieles gelernt"

Sebastian Moll, Carolin Friedl und Felix Louven haben an der Sommerakademie der Studienstiftung in Olang teilgenommen: Dort haben sie sich mit den theoretischen Grundlagen der Treibhausgasbilanzierung beschäftigt – und sogar die eigene Akademie praktisch bilanziert. Hier berichten die drei Stipendiat:innen davon.

Der steigende Meeresspiegel, ein Ausbreiten der Wüsten, Schmelzen der Polkappen und immer knapper werdendes Trinkwasser– der Klimawandel und seine Folgen sind eine der größten Herausforderungen dieser Generation. Die Experten des Weltklimarats (IPCC) warnen in ihrem aktuellen Bericht eindrücklich und fordern entschiedenes Handeln aller, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels abzuwenden. Das Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 °C im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen und damit irreversible und unabsehbare Folgen zu vermeiden scheint, kaum noch erreichbar.

Ein Umdenken sowie eine drastische Reduktion der Treibhausgasemissionen (THG-Emissionen) in allen Sektoren ist dringend erforderlich. Der erste Schritt, um Emissionen zu reduzieren, ist das Verständnis, wo und in welchem Ausmaß diese emittiert werden. Dazu können die Emissionen einer Person, eines Unternehmens, einer Institution, aber auch einer ganzen Nation bilanziert werden. Wie das funktioniert, welche Herausforderungen dabei überwunden werden müssen und an welchen Stellen getrickst wird, damit haben wir uns zwei Wochen lang beschäftigt: in der AG „Eine praktische Einführung in die Treibhausgasbilanzierung” im Rahmen der Sommerakademie der Studienstiftung in Olang 2022. Wir, das sind  Sebastian Moll, Carolin Friedl und Felix Louven, Stipendiat:innen der Studienstiftung.

Intensiver, interdisziplinärer Austausch

Geleitet wurde unsere Gruppe von Professor Manfred Sargl von der Universität der Bundeswehr München sowie Doktorand und Projektmitarbeiter Lukas Gast von derUniversity of Cambridge. Von Chemie, Maschinenbau und Mathematik bis Medizin, Psychologie und Philosophie waren eine Vielzahl an Fachgebieten in der Teilnehmerschaft vertreten, was jede Diskussion durch die unterschiedlichen Blickwinkel bereichert hat. Geeint hat uns dabei das Interesse, THG-Emissionen zu verstehen und die Hoffnung, sie durch die Bilanzierung reduzieren zu können.

In einer Mischung aus im Voraus vorbereiteten Vorträgen der Teilnehmenden sowie unserer beiden Dozenten und daran angeschlossenen Diskussionen, haben wir uns in den ersten Tagen den theoretischen Grundlagen der THG-Bilanzierung genähert.

Der Weg zur Akademie-Bilanz

Anschließend starteten wir damit, die Akademie selber zu bilanzieren. Verschiedenste Quellen und erste Ansätze zeigten uns schnell die Komplexität des Themas sowie die Schwierigkeiten, die eine Veranstaltungsbilanzierung mit sich bringt. So gibt es bisher noch keine internationalen Normen oder Standards, die festlegen welche Emissionen bei einer Veranstaltung einberechnet werden müssen. Für die Bilanzierung haben wir uns in fünf Kleingruppen aufgeteilt, in denen vier Gruppen einzelne Gebiete der Bilanzierung beleuchtet haben. Die fünfte Gruppe erarbeitete einen Handlungsleitfaden zur Bewertung einer Veranstaltung in Bezug auf verschiedene Aspekte der Nachhaltigkeit. Hier fokussierten wir uns auf drei Säulen: ökologisch, sozial und ökonomisch nachhaltig.

Eine grundlegende Herausforderung bei der Bilanzierung ist die Beschaffung von aussagekräftigen Daten. Initial haben wir uns daher viele Gedanken zur Methodik gemacht, die wir für die Datenbeschaffung nutzen wollten. Schlussendlich entschieden wir uns für eine Umfrage unter allen Teilnehmenden, Interviews mit den Gastwirt:innen sowie eine Erfassung des Strom- und Wärmeverbrauchs aller Gebäude, die während der Akademie genutzt wurden.

Der Austausch zwischen den einzelnen Gruppen wurde durch regelmäßige Plenumsphasen, in denen wir unsere aktuellen Erkenntnisse vorgestellt und besprochen haben, sichergestellt. Schon bei der Erhebung der Daten lernten wir, die Akademie mit anderen Augen zu sehen. So konnten wir durch unsere anonymisierte Umfrage unter fast allen Teilnehmenden und Dozierenden das Mobilitäts- und Kaufverhalten nachvollziehen und die abgeschätzten Emissionen in unsere Bilanzierung einfließen lassen.

Durch die Interviews mit den Gastwirt:innen verbunden mit dem Erfassen der Zählerwerte aller Gebäude waren wir am Ende dazu in der Lage, nicht nur den Energieverbrauch der Akademie zu berechnen, sondern auch abzuschätzen, welche Emissionen unsere Verpflegung in den Hotels verursacht hat. Bei allen Vorhaben haben wir uns sehr darüber gefreut, dass wir von den Wirt:innen, der Akademieleitung, der Gemeinde, den Dozierenden und allen Teilnehmenden tatkräftig unterstützt wurden. Wir stießen dabei immer wieder auf reges Interesse und viel Tatendrang, die eigenen Emissionen zu verringern.

Probleme und Ziel einer Bilanz

Immer wieder haben wir dabei gemerkt, dass die meisten von uns kaum ein Gefühl für ihre direkt oder indirekt verursachten Emissionen hatten. Unser Kurs hat es durch die praxisnahe Bilanzierung geschafft, das Verständnis dafür zu wecken und uns sensibilisiert, Nachhaltigkeitsversprechen, die uns im Alltag begegnen, zu hinterfragen. Immer wieder haben wir nämlich selber gemerkt, dass es in einer THG-Bilanzierung eine Vielzahl an Möglichkeiten gibt, das Ergebnis dieser z.B. durch die Wahl der Systemgrenzen und Emissionsfaktoren zu beeinflussen.

Ziel einer Bilanz ist es natürlich immer, durch das Verständnis von Emissionen Einsparpotentiale zu erkennen. So wurde in unserem Kurs auch viel darüber diskutiert, welche Reduktionsmöglichkeiten uns aufgefallen sind. Hier profitierten wir erneut von dem breiten Wissen und den unterschiedlichen Ansichten aller Teilnehmenden. Diskutiert wurden verschiedene Ansätze: vom Incentivieren über Innovationen bis hin zu Verboten.

Erneuerbare Energien in der Praxis

Wichtiger Baustein des Kurses war aber nicht nur die inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Thema auf einer theoretischen Ebene, sondern auch der Bezug in die Praxis.Nachdem wir in der Begrüßungsrede des Bürgermeisters von dem gemeindeeigenen Biomasse-Heizkraftwerk in Olang erfahren hatten, ermöglichte dieser uns, die Anlage in der zweiten Akademiewoche zu besichtigen. Neben eindrücklichen Bildern der Anlage sowie der Dimensionen des Leitungsnetzes konnten wir dort vor allem über eine relativ emissionsarme Möglichkeit der Wärmeversorgung mit Holzabfällen aus der Region lernen. Diese ist wohl der Hauptgrund für die überdurchschnittlich gute THG-Bilanz der Gebäude in Olang, da fast alle Gebäude an das Heizkraftwerk angeschlossen sind.

Unsere gemeinsame Wanderung

Ebenfalls in der zweiten Akademiewoche unternahm unser Kurs eine ganztägige Wanderung mit einem erfahrenen Bergführer aus der Region. In einer wunderschönen Tour ging es von Olang aus zum Pragser Wildsee. Den Weg füllte unser Bergführer Erwin Brunner, jahrelanger Chefredakteur von National Geographic, mit Erklärungen zur Bewirtschaftung der Almen, dem Leben in den Bergdörfern sowie der lokalen Flora und Fauna. Diese Tages-Wanderung ließ uns als Gruppe weiter zusammenwachsen und zeigte uns nochmal deutlich die Notwendigkeit, THG-Emissionen zu reduzieren und damit Naturräume wie die Alpen zu schützen. Bemerkbar wurde dies besonders durch den Borkenkäferbefall, der große Lichtungen in die, durch die besonders trockenen Sommer der letzten Jahre geschwächten Fichtenwälder, schlägt.

Am Ende der zwei Wochen sollte also eine grobe Bilanz aller, mit der Akademie in Verbindung stehender Emissionen, stehen. Doch in diesen zwei Wochen entstand noch viel mehr als diese Bilanz. Neben vielen schönen Erinnerungen und neuen Freundschaften haben wir in diesen zwei Wochen in den Südtiroler Alpen vor allem vieles gelernt. Nicht nur, wie THG-Emissionen bilanziert werden, sondern auch über die Emissionen, die mit verschiedenen Arten der Energieerzeugung, der Nahrungsmittelherstellung oder des Transportes einhergehen.

Natürlich haben wir dabei auch ausgiebig die verschiedensten Möglichkeiten diskutiert, Emissionen zu reduzieren: von Informationsangeboten und Investitionen bis hin zu Verzicht, Verbot oder Änderung des Lebensstils. In erster Linie bleibt wohl das Wissen, dass zu Beginn jeder nachhaltigen Reduktion von THG-Emissionen ein Verständnis der Emissionen steht. Dieses Verständnis, das durch die Methode der Bilanz gewonnen werden kann, ist der erste Schritt, um die schlimmsten Folgen des Klimawandels noch abzuwenden.

Sebastian Moll (21) studiert Chemieingenieurwesen am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), Carolin Friedl (20) Ingenieurwissenschaften an der TU München und Felix Louven (20) Elektro- und Informationstechnik am KIT.

Stand: Januar 2023

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