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Sarah Betz: "Ideen für methodische Anwendungen kommen mir am besten vor Ort im Gelände"

Wir begleiten die Promotionsstipendiatin Sarah Betz (Geowissenschaften, Universität Eichstätt-Ingolstadt) zu Gletschermoränen in den Alpen, deren geomorphologische Entwicklung im Zentrum ihrer Forschung steht. Auch in ihrer Freizeit zieht es sie regelmäßig ins Hochgebirge, außerdem engagiert sie sich in einem Arbeitskreis für Menschenrechte und spielt Geige im Uniorchester. Das Foto zeigt Sarah Betz bei Vermessungen mit dem Tachymeter an den Moränen des Höllentalferners im Zugspitzmassiv.

Welcher Forschungsfrage gehen Sie nach und welchen Beitrag zu Wissenschaft und/oder Gesellschaft erhoffen Sie sich damit?

Ich untersuche anhand von zehn Gebieten in den Alpen die geomorphologische Entwicklung von Gletschermoränen, die seit dem Ende der Kleinen Eiszeit ca. 1850 n.Chr. von den schmelzenden Gletschern freigelegt wurden. Kernfragen sind, mit welcher Dynamik das von den schmelzenden Gletschern freigelegte Sediment umgelagert und talwärts transportiert wird, welche Prozesse dabei beteiligt sind und inwiefern Faktoren wie die Höhenlage und das Klima diese Dynamik beeinflussen. Der Verbleib großer Mengen an Lockersediment hat Auswirkungen auf die mögliche Verlandung von Speicherseen, aber auch auf die Naturgefahrensituation im Hochgebirge und ist insbesondere hinsichtlich des Klimawandels ein hochaktuelles Thema.       

Was hat Sie an der bisherigen Arbeit an Ihrem Projekt am meisten überrascht?

Sehr überraschend für uns war, dass sich nicht mehr mit dem Gletscher verbundenes Eis jahrzehntelang in den Moränenhängen hält, obwohl die aktuelle Gletscherzunge schon viel weiter oben im Tal liegt. Dieses von darüberliegendem Schutt gut isolierte Eis hat große Auswirkungen auf die Erosionsdynamik an den Moränenhängen.        

Wie würden Sie Ihr persönliches Verhältnis zu Ihrem Projekt beschreiben?

Das Projekt wird mir immer vertrauter, da ich die Zusammenhänge zwischen den einzelnen Aspekten zunehmend besser verstehe. Inzwischen kenne ich meine insgesamt 20 Untersuchungsflächen in zehn Gebieten sehr gut, da ich jede Fläche zweimal vor Ort aufgenommen habe und derzeit die Daten analysiere. Mir ist das Projekt insgesamt sehr ans Herz gewachsen.       

Wann bzw. in welchem Umfeld kommen Ihnen die besten Ideen für Ihre Forschung?

Ideen für methodische Anwendungen kommen mir am besten vor Ort im Gelände. Dort ist alles greifbar und erlebbar, man realisiert, dass die Materie „echt“ ist und kann sich mögliche Prozesse besser vorstellen. Konzeptionelle Ideen entwickle ich aber am Schreibtisch bei der Analyse der Daten – am besten zuhause, wo ich in Ruhe und sehr konzentriert arbeiten kann.        

Was tun Sie, wenn Sie nicht an Ihrem Projekt forschen?

Ich bin in einem Arbeitskreis für Menschenrechte engagiert und spiele im Universitätsorchester Geige. Diese Aktivitäten sind mir wichtig als Abwechslung zur naturwissenschaftlichen Arbeit und um mich mit Gesellschaft, Politik und Kultur zu beschäftigten. Selbstverständlich verreise ich als Geographin auch sehr gerne, mit Vorliebe in Gebirgsregionen, denn dabei kann ich gleichzeitig Abstand zur Arbeit gewinnen und verschiedenste Naturphänomene und fremde Kulturen entdecken.       

Welche Vorzüge hat das Promovieren mit einem Stipendium der Studienstiftung?

Ich finde die Freiheit und Selbstständigkeit toll, die man mit dem Stipendium hat! Man kann sein eigenes Projekt konzipieren und somit auf das abstimmen, was einen am meisten interessiert, kann es anschließend selbstständig umsetzen und recht unabhängig arbeiten. Hierfür ist zwar sicherlich Eigendisziplin notwendig, aber man lernt sehr gut, Verantwortung zu übernehmen und baut Selbstvertrauen auf!