Page 21 - Jahresbericht 2018
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Interview „Wir finden immer wieder interessante Biografien und bemerkenswerte Entwicklun- gen bei nicht privilegierten Ausgangsbedingungen.“ Manfred Prenzel wurde im Juni 2018 zum neuen Kuratoriumsvorsitzenden der Studien- stiftung gewählt. Nach dem Studium der Fächer Pädagogik, Psy- chologie und Soziologie promovierte Manfred Prenzel 1980 an der LMU München, wo er sich 1987 habilitierte. Nach Stationen in Regensburg und Kiel war Prenzel von 2009 bis 2014 Grün- dungsdekan der School of Education an der TU München und von 2014 bis 2017 Vorsitzender des Wissenschaftsrates. Seit April 2018 leitet er das Zentrum der LehrerInnenbildung der Univer- sität Wien. Zu seinen Forschungsschwerpunk- ten zählen Bildungsmonitoring, internationale Schulleistungsvergleiche wie PISA, Unterrichts- forschung, Professionalisierung und Qualitäts- entwicklung im Bildungssystem sowie das Ler- nen in außerschulischen Lernorten. Herr Prenzel, im Juni 2018 haben Sie als Vorsitzender des Kuratoriums Ihre erste Sitzung geleitet. Wie ist Ihr erster Eindruck von der Studienstiftung? PRENZEL: Fangen wir bei dieser Sitzung an! Die Beiträge der Kuratoriumsmitglieder zeigten mir, wie Repräsentanten wichtiger Institutionen und insbe- sondere der Geldgeberseite die Studienstiftung wahrnehmen. Hier habe ich mich über das erkenn- bar starke Interesse und das große Engagement für die Studienstiftung gefreut. Und dieses führe ich da- rauf zurück, dass erstens die Geschäftsstelle durch zielorientierte und höchst professionelle Arbeit über- zeugt, aber zweitens das breite Spektrum von Aktivi- täten der Studienstiftung erkannt und geschätzt wird. Damit komme ich zu dem entscheidenden Ein- druck, der über die Kuratoriumssitzung hinaus bei mir entstanden ist: Die Studienstiftung steht letztlich für ein sehr lebhaftes Netzwerk von jungen Men- schen (und auch Alumni), die sich durch herausra- gende Talente und Einsatzbereitschaft auszeichnen und die gerne Verantwortung übernehmen. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für die Studienstiftung in den nächsten Jahren? PRENZEL: Eine nicht zu unterschätzende Heraus- forderung sehe ich erst einmal darin, dass die finan- ziellen Grundlagen für die Arbeit der Studienstiftung konsolidiert, das heißt an die Kostenentwicklung der letzten Jahre und an das Wachstum sowie hin- zugekommene neue Aufgaben angepasst werden. Eine ständige Herausforderung für die Studienstif- tung besteht meines Erachtens darin, dass sie kri- tisch ihre Auswahlverfahren prüft. Das betrifft nicht nur Fragen der Zielgruppen, der Validität und der Fairness, sondern auch, ob bei einem Pool hochka- rätiger Bewerbungen bisherige Auswahlkriterien überhaupt noch ausreichend differenzieren. Das sind Diskussionen, die wir bei anderen Auswahl- und Begutachtungsverfahren in der Wissenschaft derzeit auch führen. Die dritte Herausforderung, die ich anspreche, ist ebenfalls eine Daueraufgabe, nämlich darüber nachzudenken, ob das Profil der Stiftungsaktivitäten und der Angebote in Anbetracht aktueller Entwicklungen in Deutschland, in Europa und global noch etwas nachgeschärft oder neu fo- kussiert werden muss. Die erste PISA-Erhebung aus dem Jahr 2000 zeigte, dass in kaum einem anderen OECD-Land schulischer Erfolg so stark von der sozialen Neuwahl des Kuratoriums 19