Jahresbericht 2013 - page 33

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Blickpunkt: Gesellschaftliches Engagement
Operation, die einen derartigen Effekt hat. Wenn
Ärzte einem zu einem gesunden Lebensstil raten,
sollte Engagement dazu gehören. Wer sich bei Stif-
tungen und Initiativen umschaut, ist verblüfft, wie
oft das Rad neu erfunden wird, und wie oft gute
Ideen verpuffen, weil im sozialen Bereich andere
Standards gelten. Erst in den letzten Jahren er-
wacht das Bewusstsein dafür, Wirkung zu messen,
Best Practice-Beispiele verfügbar zu machen, und
die Szene im positiven Sinne zu professionalisie-
ren. Ein echtes Dilemma im sozialen Sektor ist die
Bezahlung. Das gilt nicht nur für traditionell zu
schlecht bezahlte Lehrer, Erzieher und Kranken-
schwestern, sondern auch für Geschäftsführer von
gemeinnützigen Einrichtungen. Pfiffige Leute sind
immer Mangelware und entsprechend teuer. Wenn
ein begabter Mensch in der Industrie 300.000 Euro
und mehr verdienen kann und davon 100.000 Euro
spendet, gilt er als Wohltäter, und hat immer noch
200.000 zur Verfügung. Wenn der gleiche Mensch
seine Begabung und Arbeitskraft im sozialen Be-
reich einsetzt, erreicht er schwerlich die 100.000,
wird weniger bewundert, fast schon belächelt.
Was müsste eigentlich passieren, damit die Leis-
tungsträger nicht erst nach der Pensionierung, der
fünften Million oder dem dritten Burn-out darüber
nachdenken, „mal was Sinnvolles“ zu machen?
Haben Sie diesbezüglich Vorbilder? Womit
und wofür möchten Sie selbst als Vorbild
anstiften?
Bekannt sind vielleicht Patch Adams oder Michel
Christensen, die in den USA begannen, Humor im
Krankenhaus zu fördern. Jon Kabat-Zinn ist ein
Vorbild, der die Mind-Body-Medizin entscheidend
vorangebracht hat, indem er Atemtechniken, Me-
ditation und Yoga in die westliche Medizin inte-
grierte, ihre Wirksamkeit belegte und in prakti-
schen Kursen für jedermann verfügbar machte.
Inspirierend finde ich auch die Macher von „Asho-
ka“ oder „startsocial“, wo gute Ideen und soziale
Innovatoren ausgezeichnet werden, „Ärzte ohne
Grenzen”… ach, es gibt viele spannende Leute!
In Deutschland gilt es leider als vornehm, nicht
über Geld, Spenden, Engagement oder „Herzens-
angelegenheiten“ zu sprechen. Als in den USA die
Initiative „Giving Pledge“ dazu aufrief, einen sub-
stantiellen Teil des eigenen Vermögens zu spenden
und sich viele sehr reiche Menschen daran betei-
ligten, hieß es sofort, so etwas sei hierzulande
undenkbar. Warum? In unserer Neidgesellschaft
haben offenbar viele Angst, wenn sie größere Sum-
men spenden, sich gleich rechtfertigen zu müssen
oder in der Folge mit Anfragen überschwemmt zu
werden. Ich hoffe, diese Haltung weicht langsam
auf, denn sobald sich jemand an die Öffentlichkeit
wagt, gibt es positive „Nachahmereffekte“.
Sie fordern Glück und Gesundheit als
Schulfächer – warum?
Gesundheit entsteht im Alltag und ist die Summe
unserer täglichen Gedanken, Handlungen und Be-
ziehungen. Der größte Hebel zur Veränderung ist
der Lebensstil, gleichzeitig ist es mühsam, sich zu
ändern. Noch besser als mit dem Rauchen aufzu-
hören, ist es, erst gar nicht anzufangen. Ärzte wer-
den erzogen zu diagnostizieren, zu verordnen und
davon auszugehen, dass Patienten sich an Rezepte
halten. Die Realität sieht völlig anders aus. Ge-
schätzt wird die Hälfte der Medikamente, die wir
als Gemeinschaft bezahlen, nie genommen – eine
Verschwendung von Milliarden. Einige der wirk-
samsten Mittel gegen Stress sind nicht Betablocker,
sondern positive Gefühle, Humor, Verbunden-
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