Matthias Veicht, Taiwan
© PrivatMatthias Veicht (25) studiert Civil und Commercial Law (M.A.) an der National Cheng Kung University (NCKU) in Tainan/Taiwan.
Herr Veicht, warum haben Sie sich nach einem erfolgreich abgeschlossenen Jurastudium noch für ein Studium in Taiwan entschieden?
Ich beschäftige mich seit Jahren mit dem Chinesischen, und ergriff nach meinem Jurastudium in Deutschland die Chance, mich noch einmal intensiv mit dieser herausfordernden, aber auch sehr faszinierenden Sprache auseinander zu setzen. Um Rechtswissenschaft und Sprache zu verbinden, ging ich auf die Suche nach juristischen Master- bzw. LL.M.-Studiengängen auf Chinesisch – und wurde letztlich nicht in China, sondern in Taiwan fündig. Mein Interessensschwerpunkt liegt im Vergleich des taiwanischen und deutschen Rechts, was auch das Thema meiner Masterarbeit bestimmen wird, in der ich das Kaufrecht beider Länder untersuche.
Wie haben Sie den Schritt ins Ausland organisiert?
Was finanzielle und organisatorische Fragen angeht, kann das Auslandsteam der Studienstiftung weiterhelfen, eventuell auch passende Ansprechpartner mit Asienbezug nennen. Ich hatte außerdem das große Glück, dass ich über meine Lehrstuhl-Chefin eine Jura-Professorin aus Taiwan kennenlernte, die mir bei vielen Fragen weiterhalf und mir auch die Entscheidung für die NCKU erleichterte. Die Bewerbung für den Studiengang konnte ich online einreichen; ein Großteil der Organisation fand dann aber erst vor Ort in Taiwan statt. Das lag daran, dass ich bereits einige Monate vor Studienbeginn für einen Sprachkurs nach Taiwan aufgebrochen bin.
Wie bewerten Sie die Lehrveranstaltungen vor Ort?
Ich habe fast nur Seminare besucht, Vorlesungen gibt es kaum. Das inhaltliche Spektrum ist sehr abwechslungsreich, so dass man je nach Interesse eine große Bandbreite an Themen abdecken kann. Dieses Semester besuche ich zum Beispiel Seminare zum Europarecht, zur Haftung im Zivilrecht und zu internationalem Finanzrecht. Üblicherweise besteht die Seminarleistung aus einer schriftlichen Seminararbeit, die man im Unterricht vorstellt. Etwas ungewohnt fand ich anfangs die Praxis, die Seminararbeit eines Kommilitonen zu „kritisieren“. Jedem Vortragenden wird ein „Kritiker“ zugeteilt, der nach dem Vortrag fünf Minuten Zeit hat, die Schwächen der Seminararbeit herauszustellen und Rückfragen zu stellen.
Wie sehen die Freizeitangebote der Uni aus?
Das Freizeitangebot der Uni ist enorm: Es gibt unzählige Clubs und Interessensgemeinschaften, die zu Beginn jedes Semester auf einer großen club fair, einer Art Messe, vorgestellt werden. Das Angebot reicht von Kampfsportarten über Fotografie und Reisen bis hin zu Cocktailmixen. Sehr positiv ist mir die hohe Bereitschaft der Studenten aufgefallen, einfach mal etwas Neues auszutesten. Ich selbst war das vergangene Jahr im Schwimmclub, und habe auch Yoga ausprobiert. Interessanterweise ist der Yoga-Club zugleich ein Club für vegane Küche, so dass man nach dem Sport zusammen isst.
Was unternehmen Sie gerne mit Freunden und Bekannten?
Es ist üblich, sich wie in Deutschland zu einem Kaffee oder Tee zu verabreden. Sehr beliebt sind auch Verabredungen zum Essen, selten auf ein alkoholisches Getränk. Sobald man sich besser kennt, wird man nach Hause eingeladen oder lädt nach Hause ein. Je nachdem, wie alt die Gastgeber sind, kann man sich überlegen, ob und was man als Geschenk mitbringt. Ebenfalls sehr beliebt als Gruppenaktivität und zugleich eines meiner Lieblingsgerichte: Hot Pot, ein heißer Topf mit Brühe, in dem man Gemüse und hauchdünn geschnittenes Fleisch gart und sich mit einem Allerlei an Soßen schmecken lässt.