Preisträger:innen der Promotionspreise 2025
Mit ihren Promotionspreisen würdigt die Studienstiftung zum zwölften Mal exzellente wissenschaftliche Arbeiten unterschiedlicher Fachrichtungen und weist auf die besondere Qualität hin, die die Promotionsförderung der Studienstiftung ermöglicht. Die mit je 5.000 Euro dotierten Preise gehen 2025 an den Biochemiker Dr. Maik Wolfram-Schauerte (Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis für Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften), die Wissenschaftsanthropologin Krystin Unverzagt (Lieselotte Pongratz-Promotionspreis für Gesellschaftswissenschaften) und die Historikerin Malin Sonja Wilckens (Johannes Zilkens-Promotionspreis für Geisteswissenschaften). Die Preisgelder aller drei Promotionspreise trägt der Verein Freunde und Förderer der Studienstiftung des deutschen Volkes e. V. Die Studienstiftung lädt zur öffentlichen Preisverleihung am 19. Mai 2025 in Berlin ein.
„Die Studienstiftung würdigt mit ihren Promotionspreisen in diesem Jahr die herausragende Forschung dreier Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die mit methodisch innovativen Ansätzen neue Erkenntnisse zu aktuellen Fragen in ihren jeweiligen Forschungsfeldern liefern und zugleich verschiedene Wissensgebiete miteinander verbinden. Alle Arbeiten beeindrucken auch deshalb, weil sie darüber hinaus zu einem besseren Verständnis beitragen, wie Wissenschaft entsteht und weiterentwickelt wird“, so Dr. Annette Julius, Generalsekretärin der Studienstiftung.
Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis 2025: Dr. Maik Wolfram-Schauerte, Biochemie

Dr. Maik Wolfram-Schauerte erhält den Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis der Studienstiftung 2025 für seine Dissertation im Fach Biochemie am Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie und der Universität Marburg. In seiner Arbeit From RNA and its NAD-cap: Exploring T4 phage infection from an epitranscriptomic perspective kombiniert er ein Bündel von aktuellen Methoden aus verschiedenen naturwissenschaftlichen Disziplinen. Auf diese Weise gelingt es ihm, ein ganzheitliches Verständnis der Mechanismen zu entwickeln, die während der Infektion eines Bakteriums (E. coli) durch den Bakteriophagen T4, ein auf Bakterien spezialisiertes Virus, ablaufen, und damit einen wichtigen Beitrag zur Erforschung der Phagen-Wirt-Interaktion zu liefern.
Aufgrund der Fähigkeit von Bakteriophagen, Bakterien infizieren und töten zu können, spielt ihre Erforschung eine wichtige Rolle für die Behandlung bakterieller Infektionen. In seiner Arbeit kombiniert Wolfram-Schauerte Methoden der Bioinformatik, Mikro- und Molekularbiologie, RNA- und Protein-Biochemie. Damit gelingt es ihm nicht nur, das erste ganzheitliche Bild der Genexpression während der T4 Phagen-Infektion zu erhalten, er zeigt außerdem die erste spezifische Modifikation von Phagen-RNA und deren Regulation über den Infektionsverlauf. Diese Ergebnisse sowie die Entdeckung einer bisher unbekannten biochemischen Reaktion, der sogenannten RNAylierung, öffnen neue Wege in der synthetischen Biologie. Seine Erkenntnisse unterstreichen die kritische Bedeutung und das immense Potential der epitranskriptomischen Forschung für das Verständnis von Phagen-Infektionen und positionieren die Arbeit an der Spitze eines aufkommenden interdisziplinären Feldes.
Besonders beeindruckt zeigt sich die Jury von dem multidisziplinären methodischen Ansatz mit der es Wolfram-Schauerte gelinge, erstmalig eine spezifische Modifikation von Phagen-RNA und ihre Regulation und Funktion über den Infektionsverlauf aufzudecken. Seine bahnbrechenden Ergebnisse, die unter anderem über eine Web-Anwendung öffentlich verfügbar sind, bieten einzigartige Einblicke in die Phagen-Wirt-Interaktion und öffnen damit neue Wege in der synthetischen Biologie, so die Jury. Dies könne völlig neue Erkenntnisse zutage fördern, die sich zukünftig für eine Phagen-Therapie zur Überwindung von Antibiotikaresistenzen nutzen ließen.
Nach seinem Bachelorstudium in Molekularer Biotechnologie und seinem Masterstudium in Biochemie, beides an der Universität Heidelberg, promovierte Wolfram-Schauerte in Biochemie an der Universität Marburg und dem Max-Planck-Institut für terrestrische Mikrobiologie in der Forschungsgruppe Bacterial Epitranscriptomics in Marburg. Während seines Studiums sowie seiner Promotion war er Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes. Außerdem wurde er während seiner Promotion von der Joachim Herz Stiftung und über ein Schwerpunktprogramm der DFG gefördert. Seit Mai 2024 ist Wolfram-Schauerte Postdoktorand am Interfakultären Institut für Biomedizinische Informatik der Universität Tübingen im AI & Data Science Fellowship Programm in Zusammenarbeit mit Boehringer Ingelheim. Er entwickelt Methoden des maschinellen Lernens, die eine Verknüpfung zwischen Einzelzell- und Bulk-Transkriptom-Daten herstellen und somit neue Ansätze in der Wirkstoffforschung ermöglichen.
Lieselotte Pongratz-Promotionspreis 2025: Krystin Unverzagt, Europäische Ethnologie

Die Wissenschaftsanthropologin Krystin Unverzagt erhält den Lieselotte Pongratz-Promotionspreis 2025 für ihre Dissertation in Europäischer Ethnologie an der HU Berlin. Ihre Arbeit Enactments of Knowledge and Social Order in Participatory Modelling: An Ethnographic Perspective on the Relationship between Science and Democracy widmet sich der Beziehung zwischen Wissenschaft und Demokratie sowohl auf konzeptionell-theoretischer als auch empirischer Ebene. Sie entwickelt eine ethnographische Perspektive auf Praktiken der partizipativen Modellierung in der Nachhaltigkeitsforschung, die einen Dialog zwischen empirischer Wissenschafts- und Technikforschung, Demokratietheorie, Wissenschaftsphilosophie und Ethik ermöglicht.
Das ethnographische ,Feld‘ der Arbeit ist die Praxis der partizipativen Modellierung, ein wichtiges Instrument in der Nachhaltigkeitsforschung. Eine Bewegung hin zu mehr Teilhabe in Nachhaltigkeitsforschung reagiert auf die Erkenntnis, dass gesellschaftliche Akzeptanz für Wissenschaft zentral ist, Visionen für die Zukunft von Werten durchsetzt sind und daher eine Pluralisierung der Perspektiven, die in Forschung einfließen, von Nöten ist. In der kritischen Partizipationsliteratur wurde die Beziehung von Wissenschaft und Demokratie auf wissenschaftlicher Alltagsebene jedoch bislang nicht hinreichend theoretisiert. In den Science and Technology Studies, die Formen der Wissensproduktion untersuchen, bedeutet ein Interesse an ‚sozialer Ordnung‘ oder Demokratie oftmals eine Verschiebung weg von der Alltagsebene wissenschaftlicher Praxis auf eine übergeordnete Ebene. Ob und wie in konkreten sozialen Situationen, etwa im Rahmen der partizipativen Modellierung, Wissenschaft und Demokratie zusammenhängen, bleibt damit bislang untertheoretisiert und der kritischen Reflexion entzogen. Vor diesem Hintergrund untersucht Unverzagt, inwieweit die Ethnographie dieses Verhältnis verstehbar, empirisch fassbar und für die Praxis produktiv umsetzbar machen kann. Hierzu hat sie zwei Forschungsgruppen, die mit partizipativer Modellierung arbeiten, in mehrjähriger teilnehmender Beobachtung begleitet. Über eine iterative Auseinandersetzung mit demokratietheoretischen, wissenschaftsphilosophischen und ethischen Kontrastdimensionen machen ihre induktiv-empirisch gewonnenen Erkenntnisse den Beitrag von konkreten Forschungspraktiken zu verschiedenen ‚Versionen‘ sozialer Ordnung zugänglich, darunter verschiedene Demokratiemodelle. Damit liefert sie einen wesentlichen Beitrag zur Diskussion um die Rolle naturwissenschaftlicher Expertise in gesellschaftlichen Transformationsprozessen und demokratische Versprechen von Beteiligungsprozessen, etwa für Themen wie Klimaanpassung oder Pandemiemanagement. Dass diese zu einem Mehr an Demokratie beitragen, ist nicht in den Methoden selbst angelegt, sondern hängt von ihrer Ausgestaltung und der kritischen Reflexion impliziter Vorverständnisse ab. Alle Kapitel ihrer Arbeit schließen daher mit Anregungen für Modellierer:innen für die Entwicklung alternativer methodischer Designs, die auch zur Umsetzung anderer Demokratiemodelle beitragen.
Die Jury betont, dass die Arbeit von Unverzagt eine ebenso innovative wie mutige epistemologisch-methodologische Herangehensweise auszeichne. Sie vereine höchste wissenschaftliche Ansprüche, einen innovativen, ethnographisch verorteten und theoretisch exzellent informierten Ansatz mit hoher Relevanz und Praxisnähe. Mit ihrer Arbeit leiste Unverzagt zudem einen theoretisch ausgesprochen originellen und empirisch innovativen Beitrag zu aktuellen interdisziplinären und teilweise sehr kontrovers geführten Debatten um die Rolle naturwissenschaftlicher Expertise in gesellschaftlichen Transformationsprozessen.
Unverzagt schloss an ihr Bachelorstudium in Politik und Gesellschaft an der Universität Bonn mit einem Auslandssemester an der Universität Kopenhagen einen Master in Science, Technology and Society am University College London an. Als Doktorandin forschte sie im Fach Wissenschaftsanthropologie am Institut für Europäische Ethnologie und dem Integrative Research Institute on Transformations of Human-Environment Systems (IRI THESys) an der HU Berlin. Sowohl während des Studiums als auch während der Promotion erhielt sie ein Stipendium der Studienstiftung des deutschen Volkes. Bis August 2024 war sie Programmkoordinatorin an der Postdoc Academy for Transformational Leadership am IRI THESys in Berlin. Derzeit arbeitet sie als freiberufliche Künstlerin und ist als Gastwissenschaftlerin am IRI THESys affiliiert.
Johannes Zilkens-Promotionspreis 2025: Malin Sonja Wilckens, Geschichte

Die Historikerin Malin Sonja Wilckens erhält den Johannes Zilkens-Promotionspreis der Studienstiftung 2025 für ihre an der Universität Bielefeld eingereichte Dissertation Schädelvergleiche und die Ordnung der Welt – Rassifizierung in der Wissenschaft (1780–1880). Ihre Studie analysiert die wissenschaftlichen Praktiken des ‚Sammelns‘ und Vergleichens von Schädeln im Wechselspiel von Global- und Mikrogeschichte und entwickelt daraus ein neues Verständnis der anthropologischen ‚Rassentheorien‘ des 19. Jahrhunderts.
In ihrer Studie zeichnet Wilckens detailliert nach, wie sich die ‚Sammel‘- und Vergleichsprozesse menschlicher Schädel aus botanischen Praktiken heraus entwickelten und der Schädel als ‚sammel‘-, mess- und ‚vergleichbares‘ Objekt zum maßgeblichen Kriterium der Klassifikationen von Menschen und Menschengruppen und damit der ‚Rassentheorien‘ des ,Langen 19. Jahrhunderts‘ wurde. Indem sie konzeptuell von einer wechselseitigen Beziehung zwischen Mikro- und Globalebene ausgeht, kann sie globale Prozesse sowohl lokal erfassen als auch als Produkt mikrohistorischer Aktivitäten deuten. Umfangreiche und bislang in der Forschung kaum genutzte Quellenkorpora, die neue Verbindungen, Praktiken und Zusammenhänge aufzeigen, arbeitet sie systematisch auf und überträgt sie methodisch auf die mikrohistorisch-praxeologische Globalgeschichte. Durch den praxeologischen Ansatz gelingt der Arbeit zudem ein neues Verständnis davon, wie sich die ‚Rassentheorien‘ an der Schnittstelle zur ‚Moderne‘ aus den ‚Sammelprozessen‘ heraus entwickelten und über Vergleichspraktiken stabilisiert wurden. Ein besonderes Augenmerk der Arbeit liegt auf der Funktion der ‚Rassekategorie‘ in der Etablierung einer globalen Ordnung: Wurde ‚Rasse‘ zunächst dafür genutzt, um kontinentale Menschengruppen zu differenzieren, etablierten sich in der Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend binneneuropäische, nationalistische Differenzierungen. Die ‚Rassentheorien‘ standen im engen Zusammenhang mit aufklärerischen, kolonial-imperialen Deutungen und bedingten gleichermaßen eine asymmetrische Beziehung Zentraleuropas und der USA mit anderen Teilen der Welt.
In ihrer Begründung hebt die Jury insbesondere die methodische Qualität der Dissertation hervor. Bei der Studie von Wilckens handele es sich um eine Arbeit, die auf innovative Weise Praxistheorie und globale Mikrogeschichte verbinde. Mit ihrer fundierten historischen Analyse des ‚Sammelns‘ und Vergleichens menschlicher Schädel zeige Wilckens, wie sich ,Rassentheorien‘ entwickelten und verbreiteten. Dass und wie dabei die ,Rassifizierung der Wissenschaft‘ als transnationales Phänomen – gleichermaßen geleitet von wissenschaftlicher Neugier und beeinflusst von kolonialen wie imperialen Interessen – herausgearbeitet wurde, sei ein Forschungsergebnis von besonderer fachlicher und gesellschaftlicher Relevanz.
Wilckens studierte Politikwissenschaft und Geschichte im Zwei-Fach-Bachelor an der Universität Göttingen und schloss ihr Studium mit dem Master in Geschichte an der Universität Bielefeld ab. Während ihrer von der Studienstiftung geförderten Promotion war sie Mitglied der Graduate School in History and Sociology der Universität Bielefeld sowie assoziiertes Mitglied im ebenfalls dort angesiedelten Sonderforschungsbereich Praktiken des Vergleichens. Sie absolvierte Forschungsaufenthalte am Deutschen Historischen Institut Washington und an der Stanford University. Seit 2023 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin am Leibniz-Institut für Europäische Geschichte in Mainz.
Zusammensetzung der Jurys für die Promotionspreise 2025
Um die Promotionspreise 2025 bewarben sich insgesamt 92 ehemalige Promotionsstipendiat:innen der Studienstiftung. Die drei Jurys, die über die Vergabe entschieden, waren mit insgesamt 22 namhaften Wissenschaftler:innen besetzt. Hier können Sie die Zusammensetzung der Jurys für die Promotionspreise 2025 (PDF, 0.1 MB) herunterladen.
Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis der Studienstiftung für herausragende Arbeiten im Bereich der Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften
- Prof. Dr. Annalen Bleckmann, Medizin, Münster
- Prof. Dr. Mareike Fischer, Mathematik, Greifswald
- Prof. Dr. Felix Joos, Informatik, Heidelberg
- Prof. Dr. Erich Runge, Physik, Ilmenau
- Prof. Dr. Michael Saliba, Materialwissenschaften, Stuttgart
- Prof. Dr. Anett Schallmey, Biotechnologie, Braunschweig
- Prof. Dr. Pierre Stallforth, Chemie, Jena
Lieselotte Pongratz-Promotionspreis der Studienstiftung für herausragende Arbeiten im Bereich der Gesellschaftswissenschaften
- Prof. Dr. Jörn Ahrens, Soziologie, Gießen
- Prof. Dr. Jens-Hinrich Binder, Rechtswissenschaft, Tübingen
- Prof. Dr. Oliver Christ, Psychologie, Hagen
- Prof. Dr. Iris-Tatjana Kolassa, Psychologie, Ulm
- Prof. Dr. Hanna Pfeifer, Politikwissenschaft, Hamburg
- Prof. Dr. Henrike Rau, Sozialgeographie, München
- Prof. Dr. Farzad Saidi, Volkswirtschaftslehre, Bonn
- Prof. Dr. Indra Spiecker genannt Döhmann, Rechtswissenschaft, Köln
Johannes Zilkens-Promotionspreis der Studienstiftung für herausragende Arbeiten im Bereich der Geisteswissenschaften
- Prof. Dr. Eve-Marie Becker, Evangelische Theologie, Münster
- Prof. Dr. Christoph Begass, Geschichte, Mannheim
- Prof. Dr. Christoph Demmerling, Philosophie, Jena
- Prof. Dr. Isabelle Dolezalek, Kunstgeschichte, Berlin
- Prof. Dr. Anne Kraume, Romanistik, Konstanz
- Prof. Dr. Schamma Schahadat, Slawistik, Tübingen
- Prof. Dr. Doris Tophinke, Germanistik, Paderborn
Die Promotionspreise der Studienstiftung
Die Studienstiftung vergibt in den Sparten Geisteswissenschaften, Gesellschaftswissenschaften sowie Mathematik, Natur- und Ingenieurwissenschaften jährlich drei mit jeweils 5.000 Euro dotierte Promotionspreise.
Der Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis wird seit 2014 für exzellente Dissertationen aus der Mathematik, den Natur- und den Ingenieurwissenschaften vergeben. Der Lieselotte Pongratz-Promotionspreis wird seit 2022 an Nachwuchswissenschaftler:innen verliehen, die herausragende Forschungsergebnisse in den Gesellschaftswissenschaften erzielen konnten. Der Johannes Zilkens-Promotionspreis wurde von 2014 bis 2021 für herausragende Dissertationen aus den Geistes- und Gesellschaftswissenschaften verliehen. Seit Einführung des Lieselotte Pongratz-Promotionspreises 2022 wird er für Dissertationen aus den Geisteswissenschaften ausgelobt.
Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis

Der Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis für exzellente Dissertationen in der Mathematik, den Natur- und Ingenieurwissenschaften erinnert an den Bonner Mathematiker Friedrich Ernst Peter Hirzebruch (1927–2012). Er war Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Mathematik in Bonn und ist bekannt für seine wegbereitenden Arbeiten in der modernen algebraischen Geometrie unter Anwendung topologischer Methoden.
Der Studienstiftung und ihren Stipendiat:innen war Hirzebruch sehr verbunden – insgesamt achtmal hat er als Dozent auf Sommerakademien mitgewirkt; er war zudem langjähriger Gutachter in der Doktorandenauswahl, Kuratoriumsmitglied und drei Jahre lang stellvertretender Kuratoriumsvorsitzender, später Ehrenmitglied im Kuratorium.
Nach seinem Studium der Mathematik an der Universität Münster und der ETH Zürich sowie seiner Promotion als 22-Jähriger in Zürich arbeitete Hirzebruch an den Universitäten Erlangen und Princeton. Bereits zu dieser Zeit erlangten seine Forschungen internationale Anerkennung. 1955 habilitierte er sich an der Universität Münster. 1956 erschien seine Habilitationsschrift Neue topologische Methoden in der Algebraischen Geometrie. Nach einer weiteren Station am Institute for Advanced Study in Princeton erhielt er 1956 einen Ruf an die Universität Bonn, der er bis zu seiner Emeritierung 1993 treu blieb. 1982 wurde er Gründungsdirektor des Max-Planck-Instituts für Mathematik in Bonn.
Seit 1957 veranstaltete Hirzebruch in Bonn eine jährliche Arbeitstagung für den wissenschaftlichen Austausch, die internationale Koryphäen in Bonn zusammenbrachte. Dieser Austausch, die Förderung junger Menschen und das Aufbauen von Netzwerken waren ihm stets ein Anliegen. 1961 und abermals 1990 war er Präsident der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Ihm gelang es in dieser Funktion, Mathematiker:innen in Ost- und Westdeutschland nach dem Mauerbau miteinander in Kontakt zu bringen und nach der Wiedervereinigung zusammenzuführen.
Hirzebruch wurde für seine Forschungen in den Gebieten Geometrie und Topologie vielfach ausgezeichnet – unter anderem mit dem Großen Verdienstkreuz mit Stern, dem Wolf-Preis in Mathematik, dem japanischen Seki-Takakazu-Preis, der russischen Lomonossow-Goldmedaille, der Albert-Einstein-Medaille und der Georg-Cantor-Medaille der Deutschen Mathematiker-Vereinigung. Er wurde in fast alle deutschen und zahlreiche internationale Akademien aufgenommen. Ehrendoktorwürden wurden Hirzebruch von den Universitäten Warwick, Göttingen, Oxford, Wuppertal, Notre Dame, Trinity College / Dublin, Athen, Potsdam, Konstanz und Augsburg verliehen.
„Wir haben mit ihm einen großartigen Menschen, Wissenschaftler und Organisator verloren, dem die Stipendiaten und überhaupt die Jugend sehr am Herzen gelegen hat“, sagte Prof. Dr. Carl-Friedrich Bödigheimer, langjähriges Vorstandsmitglied der Studienstiftung und Fachkollege von Hirzebruch an der Universität Bonn, anlässlich seines Todes 2012.
Lieselotte Pongratz-Promotionspreis

Die Hamburger Soziologin und Kriminologin Lieselotte Pongratz (1923–2001) ist Namensgeberin für den 2022 eingeführten gleichnamigen Promotionspreis, mit dem die Studienstiftung herausragende Dissertationen in den Gesellschaftswissenschaften auszeichnet.
„Mit dem neuen Promotionspreis erinnern wir an unsere Alumna Lieselotte Pongratz, die sich als ausgezeichnete Wissenschaftlerin verdient gemacht hat und mit ihrer Bildungsbiografie für die Initiative und Hartnäckigkeit unserer Geförderten steht. Lieselotte Pongratz' Wirken ist von einer hohen Sensibilität für soziale Ungleichheiten geprägt“, würdigte Dr. Annette Julius, Generalsekretärin der Studienstiftung, die Wissenschaftlerin 2022.
Pongratz wurde 1973 Professorin für Soziologie und 1975, als dritte Frau in Deutschland, Professorin für Kriminologie an der Universität Hamburg.
In ihrer Forschung befasste sie sich unter anderem mit der Straffälligkeit von Kindern, mit der Entwicklung von Jugendlichen aus sozialen Randgruppen sowie mit der Sozialisation von Kindern von Prostituierten. Wichtig war ihr der Transfer der Erkenntnisse in die Gesellschaft – etwa im Beirat einer Strafvollzugsanstalt, wo Häftlinge im Überleitungsvollzug durch sozialpädagogische Begleitung auf die Entlassung vorbereitet werden sollten. Pongratz setzte sich außerdem dafür ein, dass Forschungsarbeiten der Sozialpädagogik und Sozialarbeit auch in den Studienplänen der Medizin, Sozial- und Rechtswissenschaften Eingang fanden. Ende der 1970er Jahre wirkte Pongratz maßgeblich an der Gründung des Aufbaustudiums Kriminologie mit, das in seiner interdisziplinären Ausrichtung die Grundlage für die erste Diplom-Ausbildung für Kriminologie in der Bundesrepublik bildete. Bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1986 forschte und lehrte sie in Hamburg.
Pongratz musste auf ihrem eigenen Bildungsweg Hürden überwinden: Da ihr Vater, von Beruf Buchdrucker, zur Zeit des Nationalsozialismus 1933 aus politischen Gründen seine Stellung bei einem Zeitungsverlag verlor und während ihrer Schulzeit mehrere Jahre arbeitslos war, blieb Lieselotte Pongratz der Zugang zu einer höheren Schule aus finanziellen Gründen verwehrt. Pongratz erwarb ihre Hochschulzugangsberechtigung mit 31 Jahren über die Begabtenabiturprüfung, die Personen ohne Abiturzeugnis den Weg an die Universität öffnete. Ab 1954 studierte sie Soziologie, Kriminologie, Jugendstrafrecht und Psychologie in Hamburg, von 1956 bis 1962 war sie Stipendiatin der Studienstiftung und konnte in diesem Zuge auch einen Auslandsaufenthalt an der London School of Economics verwirklichen.
Von 1969 bis 1973 wirkte Pongratz als Vertrauensdozentin der Studienstiftung. Auch nach ihrer Emeritierung förderte Lieselotte Pongratz den wissenschaftlichen Nachwuchs und setzte sich mit der Gründung einer Stiftung dafür ein, dass Studierende und Promovierende der Kriminologie und der sozialen Arbeit ihre Forschungsprojekte erfolgreich beenden.
Johannes Zilkens-Promotionspreis

Nach dem Kölner Mediziner und Kinderarzt Dr. Johannes Zilkens (1917–2011) ist der gleichnamige Promotionspreis für exzellente Forschungsarbeiten in den Geisteswissenschaften benannt.
Zilkens war der Studienstiftung über Jahrzehnte hinweg verbunden: Von 1956 bis 1996 unterstützte er die Arbeit als Mitglied im Auswahlausschuss, von 1958 bis 1996 begleitete er die Stipendiat:innen als Vertrauensdozent in Köln. Von 1980 bis 1995 war er zudem Mitglied des Vorstands, seit 1983 in der Position des Vizepräsidenten, und von 1996 bis zu seinem Tod im Jahr 2011 Ehrenpräsident der Studienstiftung. Er hat an zahlreichen Auswahlverfahren und als Dozent an Sommerakademien der Studienstiftung teilgenommen.
1980 gründete Zilkens den Verein der Freunde und Förderer der Studienstiftung des deutschen Volkes e. V., deren langjähriger Vorsitzender er war. Der Verein unterstützt die Arbeit der Studienstiftung in vielfältiger Weise, etwa indem er verschiedene Förderlinien und Programmelemente, zum Beispiel die Teilnahme von Geförderten mit Kindern an besonderen Veranstaltungen und Auslandsaufenthalten durch das Programm Kinderleicht, (ko-)finanziert.
Zilkens war 1986 ebenso Mitbegründer der Theodor-Pfizer-Stiftung, die die Förderarbeit der Studienstiftung unterstützt.
1991 erhielt Zilkens das Große Verdienstkreuz, 1995 als erste Person die Daidalos-Medaille der Studienstiftung.
Bereits 2012 hat der Verein der Freunde und Förderer der Studienstiftung e. V. Preise für Promotionen im Bereich Wissenschaftsgeschichte unter dem Namen Johannes Zilkens-Promotionspreis vergeben. Seit 2014 vergibt die Studienstiftung den Preis gemeinsam mit dem Friedrich Hirzebruch-Promotionspreis, seit 2022 zusammen mit dem Lieselotte Pongratz-Promotionspreis.
Kontakt
Dr. Lars Korten
Team Promotionsförderung
E-Mail: promotionspreis(at)studienstiftung(dot)de